Bergsteigen: Grimming (2.351m) über den Südostgrat

Oft sind wir schon an diesem Berg vorbeigefahren, der so imposant seine Ostseite präsentiert. Gar nicht so leicht soll er sein. Jahr für Jahr habe ich mir die Besteigung vorgenommen. Spontan entscheiden Gernot und ich, dass es nun so weit ist. Wir studieren das Internet und entscheiden uns gegen Seil und für leichtes Gepäck.

Was da so am Internet geschrieben steht! „Stets ausgesetzt“ und eine senkrechte, recht glatte Wand sind da erwähnt. Nur passende Bilder will ich keine finden. II+ ist die schwierigste Stelle. Eine senkrechte Wand ist aber definitiv mehr als II+, vor allem wenn sie mit recht glatt angegeben ist. Das Internet bietet viele Bilder und Videos von Leuten, bei denen die Stöcke aus dem Rucksack schauen und die mir nicht nach senkrecht und ausgesetzt aussehen. Wir lassen das Seil und Sicherungsmittel daheim. Wird sicher gehen.

Beim Königsjodler habe ich mich doch nachhaltiger zerstört. Zwei Tage nach er Tour habe ich im Rahmen einer Gesundenvorsorgeuntersuchung ein Blutbild machen lassen. Leberwerte und CK-Wert erhöht, der CK-Wert gar um das Neunfache. Der Arzt hat sich gewundert und es dem Ausdauersport zugeschrieben. Na servas! Mittlerweile habe ich ein neues Blutbild machen lassen und die Welt ist wieder in Ordnung. Trotzdem sitzt mir der Schreck noch in den Knochen. 1.700 Höhenmeter warten!

Wir haben uns in Lantschern einquartiert und können so früh (6:45) starten. Die Bedingungen sind optimal. Es ist fast noch kalt, und der Wetterbericht verspricht strahlenden Sonnenschein. Passt! Der Parkplatz in Niederstuttern ist schon voll. Noch vor der Grimminghütte kommt uns eine Frau entgegengelaufen. Sie hat etwas im Auto vergessen. Ich staune. Nach der Grimminghütte geht es dann bald steiler bergauf. Ich fühle mich recht fit und angenehmerweise nicht beansprucht. Auch wenn der Sommer schon vorbei zu sein scheint, brennt die Sonne bald in den Rücken. Frieren sollten wir nicht.

An der Abzweigung zum Südostgrat werden wir von der vergesslichen Bergsteigerin eingeholt. Soll sie zehn Jahre jünger sein als wir. Ich fühle mich trotzdem alt. Was soll das? Die gute Frau ist zum Auto zurück und hat uns wieder eingeholt. Jetzt geht sie nicht den SO-Grat sondern den schwierigeren Schneegrubengrat. Ihre Freundin wartet bestimmt schon. Sachen gibt’s!

Also, hinauf in die Schneegrube und übers Geröll zur Felsenrampe. Auf der lassen sich tolle Fotos schießen, wenn man in der Falllinie fotografiert. Da sieht die glatte Platte fast senkrecht aus. Von der Seite schätzt man wohl realistische 40 bis 45° Steigung. Genug, um ins Schwitzen zu kommen, aber technisch keine Herausforderung.

Am Grat geht es dann viele Gehstrecken steil bergauf. Der Ausblick ist toll. Dass man die Ennstal-Bundesstraße bis herauf hört, ist weniger toll. Wo sind denn nur die spannenden Stellen? Irgendwann kommt der Kamin gefolgt von einem Durchschlupf. Oha, die Stelle war aber eher kurz. Danach gleich die Stelle, an der man ausgesetzt auf die andere Seite des Grates muss. Ja, kann man beeindruckend fotografieren. Aber letztlich geht man auf einer geneigten, breiten Platte um einen Fels herum. Sonderlich ausgesetzt ist da nichts. Zumindest ist mir nicht mulmig dabei. So folgen noch die Stelle, wo „ein roter Pfeil ins Nichts nach unten zeigt“. Auch die Stelle nehmen wir unaufgeregt. Nach vier Stunden ohne Eile ist der Gipfel da. Viele Wanderer tummeln sich ums Gipfelkreuz, auch Paragleiter sind dabei. Das Panorama ist grandios. Alleine dafür lohnt sich der Aufstieg!

Was soll ich zu unserer Route sagen? Der Berg ist beeindruckend, der Steig ist landschaftlich schön und sehr gut markiert. Die Klettereien sind kurz und meines Erachtens nicht sehr ausgesetzt. Vielleicht liegt es daran, dass wir uns von den Berichten am Internet einschüchtern haben lassen. Meine Einschätzung des Steiges ist: landschaftlich toll, leicht zu finden, nie sonderlich schwer und jedenfalls lohnend. Auch wenn das Internet übertreibt, sollte man nicht gleich seinen Hund mitnehmen. Der hätte sicherlich seine Nöte. II+ erscheint mir ein bisserl hoch. Die IIer-Stellen sind mit Übung durchaus zu meistern, weil sehr kurz. Senkrecht ist da so gut wie nichts. Keine Sorge!

Gernot lässt am Gipfel noch die Drohne fliegen, ehe wir kältebedingt Richtung Multereck abrauschen. Auch dort surrt die Drohne nochmals hoch. Der Abstieg ist recht anstrengend. Gas geben kann man dabei nicht so recht. Dafür ist es zu steil. Sicherlich hätten Stöcke geholfen. Einzig ein kurzes Schotterfeld kürzt das Leiden etwas ab. Im Abstieg wartet so gar noch ein Stück Klettersteig. Bei der Grimminghütte gibt es die dringend notwendige Jause. Der restliche Abstieg geht dann schnell vorbei.

Toller Berg, toller Steig und eine von uns vielleicht missverstandene Literatur am Internet. Aber dafür kann der Berg nichts. Ach ja, von einer Begehung an heißen Sommertagen rate ich eher ab. Auf der Südostseite ist man den ganzen Tag lang der Sonne ausgesetzt. Das hält man schon aus, aber wenn es nicht sein muss… Wir haben an unserem kühlen Spätsommertag ordentlich geschwitzt.

Der Grimming Südostgrat ist jedenfalls mal erledigt 😉

Die Tour auf garmin.com