Wandern: Stadelwandgraben – Schneeberg – Weichtalklamm

Tadelloser Wetterbericht! Einzig -1°/2°C bei stürmischem Wind. So schlimm wird es im September schon nicht werden. Also, Cardio auf den Schneeberg!

Eigentlich wäre ich ja gerne auf den Hochschwab und hätte Steinböcke fotografiert. Aber zuerst einmal fahre ich mir am Vortag einen Patschen in die Q. Ulli stellt mir zwar den Polo zur Verfügung, aber bis in die Steiermark will ich damit auch nicht. Also, wähle ich etwas unspektakulär den Schneeberg. Außerdem bin ich da am Nachmittag sicher wieder daheim.

Geparkt wird am Parkplatz Stadelwandgraben. Lange Hose, aber weder Haube noch Handschuhe sind im Gepäck . Los geht’s! Mit 750 bis 800 Höhenmeter in der Stunde sollte der Gipfel in zwei Stunden erreicht sein. Der Parkplatz liegt auf ~550m und der Gipfel auf 2.076m.

Schon im Wald ist es kühl und erstaunlich windig. Der Wind kommt aus SO, aber er ist kalt! Die einzige Erklärung ist eine ordentliche Lee-Walze. Das lässt für das Plateau unwirtliche Bedingungen vermuten. Ich lasse zuerst die Wald- und dann die Baumgrenze hinter mir. Auch zwischen den Latschen bin ich noch einigermaßen geschützt. Aber kaum enden die Latschen, bläst es mich halb vom Berg. Verschwitzt und in kurzen Ärmeln und Hosen kalkuliere ich, dass ich die fehlenden 250 Höhenmeter auch noch aushalte. In der Hütte wird es dann aufgrund der Unterkühlung aus Erfahrung „schiach“. Das weiß ich nur zu gut. Trotzdem bin ich wieder einmal zu faul, um Sachen aus dem Rucksack zu holen und diese dann auch noch anzuschwitzen.

Weit komme ich nicht. Es wird immer schlimmer und in meiner Bekleidung ist es nicht mehr auszuhalten. Meine zwei Stunden für den Schneeberg sind damit dahin. Das ist jetzt kein Problem. Spannender ist, dass die Hände schon so klamm sind, dass ich die Reißverschlüsse kaum bedienen kann. So dauert das Rausholen und Anziehen der Kleidung eine halbe Ewigkeit. Ich habe Sorge, dass mir der Wind die Jacke aus den klammen Fingern reißt, und dann hätte ich ein richtiges Problem.

Mittlerweile in der Softshell-Jacke mit der Kapuze auf und den Händen in den Taschen sowie noch immer kurzer Hose taumle ich durch den stürmischen Wind zum Gipfel. Hier kann ich es nicht glauben: Anraum hat sich am Gras, am Gipfelkreuz, kurz überall gebildet. Mit dem Wind und den feuchten Sachen am Körper empfinde ich einen Chill-Faktor von weit unter Null. Ich eile zur Fischerhütte.

Die Hütte ist voll. Echte Zahnradabenteurer erzählen wilde Geschichten, warum ein Queren zum Klosterwappen, wo ich gerade herkomme, nicht möglich ist. Ich ziehe mir die lange Hose an und bestelle eine heiße Suppe, Linsen, einen Kaffee und zwei Getränke. Aber die Unterkühlung habe ich mir schon eingefangen. Ich könnte nicht sagen, wie die Suppe schmeckt. Der Kaffee ist doch kalt, die Linsen sind noch heiß. Oder ist es umgekehrt? Ich spür‘ mich irgendwie nicht. Leute setzen sich zu mir an den Tisch, eine Frau fragt, ob sie das Fenster öffnen darf, denn die Luft sei so schlecht. Okay, ich habe sicherlich einen mehr als unangenehmen Geruch aufgezogen, aber ich sitze in meiner Softshell und die ist bis oben zu. Die gute Frau in kurzen Ärmeln leidet unter der Hitze hier drinnen – verkehrte Welt. Ich bleibe ungewöhnlich lange.

Auf den Kaiserstein pfeife ich heute und steige direkt in den Wurzengraben ab. Zuerst langsam und dann immer launiger in schnellen Schritten. Ich staune, wie der Winter jedes Jahr schön die groben Steinbrocken und die paar Felsstufen zudeckt. Der Wind kommt nicht in den Graben, ich kann mich der Jacke entledigen. Noch ein paar Schritte, dann bleibt meine Schuhspitze hängen. Ich strauchle, falle auf die Knie, kann nichts finden, wo ich mich mit den Händen abstützen kann und bremse mit der Stirn. Kopfüber mit dem Hintern in der Höhe komme ich zum Stillstand. Viel ist da nicht passiert, obwohl so spürt sich ein Hoppala im ersten Moment immer an. Aber ich bin mir sicher, dass da nicht viel war, komme aber nicht leicht auf. Zum Glück stecke ich nicht mit dem Kopf im Schnee. Abrollen nach unten will ich mich nicht und so wurstle ich mich unter einigem Krafteinsatz nach oben.

Kaum hat sich der Horizont wieder eingerichtet, sehe ich in knapp 50 Meter Entfernung eine Gämse liegen. Ich meine, sie schüttelt den Kopf. Verständlich wäre es.

Ich setze mich mal hin und warte. Nein, Schockzustand ist das keiner. Ein bisserl Blut auf den Knien und am Kopf. Mit dem Handy schieße ich ein Selfie und staune nicht schlecht über das Hörndl, das sich da so schnell ausgebildet hat. Kopfweh ist keines da und kommt auch keines – Glück gehabt!

In gemäßigtem Tempo steige ich weiter ab. Den Klettersteig bei der Kienthalerhütte auf den Turmstein nehme ich noch mit. Ein Pflaster hier, ein Pflaster da aus dem neuen Erste-Hilfe-Set und es geht weiter.

Diesmal wähle ich die Weichtalklamm für den restlichen Abstieg. Kurzweilig, aber auch lange ist sie. Prädikat: Landschaftlich empfehlenswert! Vom Weichtalhaus dann noch bis zum Parkplatz Stadelwand, und das war es dann auch mit meiner Tour. Runter habe ich so lange gebraucht wie rauf – hoppala!

Details der Tour auf garmin.com