Klettern: Karreralmsteig

Da gibt es einen Steig auf der Rax, den ich noch nicht gemacht habe. Sachen gibt’s. Gernot und ich betreten Neuland. Mit der Kletterausrüstung im Gepäck erschließen wir diesen weißen Fleck auf meiner Rax-Karte.

Also, ganz neu ist die Gegend dann doch nicht, war ich doch schon in der Gegend unterwegs – siehe dazu die Wanderung im Mai 2017. Aber der Reihe nach und von Anfang an.

Wir haben uns den Karreralmsteig ausgesucht. Bei der Planung war ich noch unsicher. Denn es steht, dass man die IVer-Stellen auslassen soll. Auch die III-Stelle kann man umgehen, aber dann bleibt wenig über. Für die paar II-Stellen brauchen wir wahrscheinlich kein Seil mehr. Also, Seil mitnehmen und wenn, welches. Die Beschreibung sagt: „Tour für Bergkraxler, die sich gerne seilfrei im Fels bewegen wollen.“. Aber Gernot hat die zündende Idee: Wenn wir die Stellen umgehen können, dann bietet sich doch Top-ropen an. So wird’s gemacht, das 60m-Seil kommt in den Rucksack.

Da der Gasthof Moassa geschlossen hat, parken wir am Preiner Gscheid, sodass wir am Ende der Runde noch einen Abstecher am Waxriegelhaus machen können. Am Parkplatz herrscht Betrieb, der Spätherbst mit seinem tollen Wetter lockt. Gleich nach dem Parkplatz wird es in unserem Teil der Rax wieder schnell ruhig. Erst nach der Heukuppe treffen wir wieder Menschen.

So wandern wir einsam zur Karreralm. Die gegenüberliegende Schneealpe lädt zum Studium ein, wo wir in diesem Winter mit den Schiern abfahren könnten. Noch ist es so warm, dass Schnee doch sehr weit entfernt scheint.

Kurz nach der Karreralm geht’s los. Gernot hat die Topo ausgedruckt und so identifizieren wir auch das passende Geröllfeld. Wir steigen im Wald danach auf und verpassen so vermutlich den Einstieg. Irgendwie und zwischen all den Latschen gelangen wir dann doch auf den schönen Felsgrat und entdecken erste rote Markierungen. An den Spuren in Geröll und an den Latschen erkennt man, dass wir nicht die Einzigen sind, die Probleme mit dem Einstieg haben.

Seilfrei klettern wir bis zum markanten Felsfenster, durch das der Steig führt. Alles soweit fein und landschaftlich wunderbar. Da stehen wir vor der IIIer-Stelle. Die ist kurz und nicht übertrieben steil, kurz machbar. Auch wenn man von unten vermuten kann, dass die Stelle nur ein paar Meter lange ist, umklettere ich sie links, sodass ich das Seil oben anbringen kann – wenn wir es schon mithaben! Links herum ist es eine -II. Also, der IIIer lässt sich leicht entschärfen.

Oben angekommen baue ich einen tadellosen Standplatz. Das dauert wohl länger, als ich es empfinde. Denn plötzlich höre ich von unten ein „Gottfried, bist eh noch da?“ Claro, kühn trete ich an den Rand und rufe zu Gernot, der keine fünf Meter unter mir steht, ein „Achtung, Seil kommt!“, ehe ich ihn unter 60m Seil begrabe. Gut, das war blöd. Es hätte wohl gereicht, wenn ich ihm ein paar Meter Seil abgelassen hätte. Ich hole das Seil wieder ein, bringe einen schönen Knoten zum Einhängen an und lasse diesmal nur das Seilende runter. Ja, so kann man sich an einem Montagmorgen auch beschäftigen. Gernot meistert die IIIer-Stelle dann souverän.

Ab jetzt geht es technisch leicht, aber steil weiter. Zweimal kommen wir an IVer-Stellen vorbei, die wir diszipliniert umgehen. Korrekter ist, keiner von uns beiden hätte im Vorstieg gute Chancen. Aber Gernot hat Blut geleckt und zu meinem Erstaunen höre ich Aussagen wie „Warum ist das ein IVer?“, „Sieht nicht viel schwerer aus, als das, was wir schon gegangen ist.“ oder „Man sieht doch schöne Griffe und Tritte.“. Aber zum Vorstieg reicht der Mut bei ihm dann doch nicht und bei mir erinnert die Erfahrung an das Gefühl, wenn die „Nähmaschine“ plötzlich losrattert.

So steigen wir über steiles Gelände weiter auf. Teils ist es Geröll, teils sind es steile Grasschrofen und teils ist noch ein wenig Kletterei dabei. Bei der letzten Kletterei ist jeder Stein und Fels locker. In diesem brüchigen Gelände ist also etwas Vorsicht angesagt. Aber schlimm ist es allemal nicht. Schlimm ist die Steigung, die den Puls hochgehen lässt.

Auf der Heukuppe angekommen bläst es dann und der Oktober lässt sich nicht leugnen. Es ist kalt, richtig kalt. Wir steigen über das Karl-Ludwig-Haus zum Waxriegelhaus ab, wo die Gäste auf der sonnigen Terrasse den Herbst genießen. Suppe, Schweinsbraten und Topfenstrudel – alles gut. Am Abend kaufen wir noch ein Pferd und das war’s dann.

Zusammengefasst: Landschaftlich tolle und einsame Tour. Wer ohne Seil gehen will, kann das tun. Zur Not umgeht man die paar kurzen, schwierigeren  Stellen. Wer ein Seil dabei hat, findet auf der Topo auch IVer-Stellen.

Details via Garmin

Gernot lädt die Touren auch oft auf Relive hoch. Das Ergebnis kann man hier sehen:

Relive ‚Karreralmsteig‘