Akademikersteig II+

Nebel liegt im Wiener Becken und in den Bergen ist kein Schnee. Dafür soll oben die Sonne lachen. Facebook erinnert, dass wir schon ein paar Mal im November den Akademikersteig gegangen sind. Jedes Mal im T-Shirt. Auf der Autobahn haben wir noch Zweifel, ob denn das möglich ist. Aber schon in Gloggnitz lichtet sich der Nebel. Das ist schon ein bisserl unfair, um wieviel besser es das Wetter hier mit einem meint.

Beim Stadelwandgraben und beim Weichtalhaus parken Autos – oh Schreck! Heute ist der 15. November – Heiliger Leopold! Oder wie auch immer die windige Begründung lautet, dass die Schulen heute geschlossen sind. Am Parkplatz am Wachthüttelkamm sind wir aber alleine – uff! Den ganzen Tag werden wir niemand treffen. Nur an der gegenüberliegenden Wand sehen, oder viel mehr, hören wir zwei Frauen. Man sieht sie nicht immer, aber man hört sie fast pausenlos. Upps!

Mittlerweile finden wir den Einstieg sicher und ohne jeden Funken des Zweifels. Wir haben nur das kürzeste Seil mit 20 Metern mit. Gernot will es nur verwenden, falls doch eine Passage zu kniffelig oder ausgesetzt ist. Wir dirndeln uns am Einstieg mit Klettergurt und Material komplett an, nur das Seil bleibt im Rucksack. Gernot ist schon im T-Shirt, ich zur Sicherheit mit Jacke. Am Einstieg muss man sich ein bisserl rauslehnen, zum Aufwärmen sozusagen. Aber es gibt kein Warten, Gernot mutiert vom Alpensalamander zur bedachten Bergziege. Die ersten Seillängen gehen ohne Seil schnell vorbei. Ich wechsle auch auf T-Shirt. Irre! Es ist Mitte November und wir genießen kurzärmelig die Sonne!

Die Stelle, an der Gernot einst verweigert hat, macht ihm keine Probleme. Schon folgt der Abstieg zur nächsten Bedenken-Stelle. Okay, die ist nicht so ganz einfach wie gedacht, kann uns aber trotzdem nicht aufhalten. Gernot hat die Topo im Kopf. Eine Stelle mit II+ will noch gemeistert werden, ehe es in einer leichten Querung zum Felsfenster geht.

Und hier unterm Fenster hängt sich Gernot in den Bohrhaken und lacht. Nein, hier ist „Aus die Maus!“. Ich frage nicht nach, aber wundere mich, wie schnell er das entschieden hat. Er hatte doch kaum Zeit, sich die Stelle anzuschauen. Vielleicht will er das mitgetragene Seil und restliche Equipment zumindest einmal verwenden. Ich dränge ihn sicher nicht. Das 20m-Seil ist im Handling ohnedies überaus komfortabel. Schnell sind wir eingebunden und los geht’s! Noch schnell ein paar Fotos. Die Stimmung ist ausgelassen. So soll es sein!

Ich kraxle durchs Felsfenster. Einmal muss man sich mit viel Luft unterm Hintern etwas verdrehen. Das mag vielleicht ein bisserl unangenehm sein. Oder ist es das „Hinaufspreizen“ zwischen Wand und Säule? Technisch ist es jedenfalls mit II bewertet, also recht überschaubar. Ein bisserl Überwindung kostet es halt. Das Seil ist rasch aufgebraucht, Gernot kommt nach. Er meint, dass es genau das Richtige war, diese Stelle zu sichern. Da schau her, auch recht!

Wir packen das Seil wieder ein und Gernot übernimmt den Vorstieg. Seine Freude kann man kaum übersehen. Viel zu schnell sind wir dann auch schon über den Grat am Ausstieg des Steiges. Wir genießen die Sonne, denn schon 15 m Richtung Auto beginnt der Schatten. In Payerbach spätestens beginnt der Nebel, ab Gloggnitz ist es durchgängig grau und ab Wiener Neustadt herrscht dann Dunkelgrau. Da bleiben wir lieber heroben in der Sonne und haben unseren Spaß.

Im November gibt es nichts Besseres fürs Gemüt – yes!

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