Klettersteig: Königschusswandsteig – Haidsteig

Um 3:45 läutet der Wecker, aber zum Glück nicht für die Rax. Jasmin startet ihr Auslandssemester in Kanada. Direkt vom Flughafen auf die Rax? Nein, lieber nochmals nach Hause ins Bett. Ich wache um 10 Uhr auf und starte zu Mittag.

Der Parkplatz ist voll, im Haidsteig hängt eine Perlenkette. Das habe ich schon fast erwartet und steige weiter zum Königschusswandsteig. Was der Regen so anrichten kann! Der Zustieg ist immer zäh und heute kein bisserl lustiger. Der Steig lässt mich spüren, dass ich in den letzten Monaten wenig trainiert habe, aber es geht. Es geht einigermaßen gut bis zum Felsfenster. Mah, da ist alles nass. Selbst das Drahtseil ist nass. Die Sohlen halten nicht und ich rutsche am Stahlseil. Echt jetzt? Also, Pause und ein erneuter Versuch. Upps, das ist mir jetzt auch noch nie passiert. Mit schlechter Haltungsnote und hohem Puls schaffe ich es dann durch. Na, glorreich war das nicht. Ich taumle noch zum Preinerwandkreuz und lasse mich dann in den Haidsteig fallen.

Bei der Madonna sehe ich schon von oben eine Menschenansammlung. Um diese Uhrzeit verwundert mich das, aber die Stimmung scheint ausgelassen. Den Platz habe ich gut ausgesucht. Da ist immer ein bisserl etwas los. Diesmal sind die Besucher aus Ungarn. Sie sind zu acht – zwei Experts und zwei Beginners. Sechs Kletterer sitzen bei der Madonna und feiern ausgelassen den unteren Teil des Haidsteigs. Wo ich denn absteigen werde? Komische Frage, als gäbe es mehr als eine Option. Die junge Expertin ist verwundert ob meiner Antwort. Ob ich denn wisse, was ich da tue und ob ich schon einmal hier war. Na ja, das erste Mal vor ungefähr 44 Jahren. Trotzdem warnt sie mich, dass es im Großen Kessel rutschig ist. Na fein!

Ich bleibe bei dem Rummel hier nur kurz und schon nach wenigen Metern sehe ich die zwei weiteren Kletterer. Der Expert hat einen großen Rucksack und weitere 25 Kilogramm Zusatzgewicht eng am Körper verstaut. Die Beginnerin hängt im Steig und ist verzweifelt. Sie kämpft tapfer, aber die Haltung lässt nichts Gutes vermuten. Ich warte und versuche aufzumuntern. Zwanzig Meter sind die beiden entfernt von mir. Es tut sich wenig abgesehen von der Konversation in einer Sprache, in der ich kaum etwas verstehe. Die Minuten vergehen, keine Bewegung. Dann doch und die letzten zwei Meter der „schwierigen“ Stelle sind geschafft. Als die junge Dame dann bei mir ist, erzählt sie, dass das ihr erster Steig ist und sie sonst eher Yoga macht. Mit meiner Frage, ob Yoga ihr im Steig geholfen hat, kann sie wenig anfangen. Ich frage den Experten, wie sie denn absteigen werden. Sie gehen „The red one“. Na dann, dann ist alles klar. Kurz denke ich an die Bergretter, die dann auf der Red One suchen dürfen. Denn die Achtergruppe hat noch ein Stück vor sich. Aber es wird gut gehen, wie eigentlich fast immer.

Und schon hänge ich in der Schlüsselstelle. Die kann es heute aber wirklich. Die Sohlen sind wertlos, als läge da Schnee im Fels. Ich zweifle kurz, wie das dann direkt vor dem Großen Kessel wird. Aber es kommt dann doch anders. Ich steige also den rutschigen Kamin ab. Ja, Spaß ist das heute keiner. Schon sehe ich den Abschnitt, vor dem ich bei Nässe eigentlich mehr Respekt hätte. Die Nachmittagssonne hat ganze Arbeit geleistet, es ist staubtrocken. Und manchmal hat man auch Glück. Uff!

Noch einmal treffe ich ein junges Paar aus Tschechien. Ob es denn noch einen anderen Weg runter gibt. Also, das nenne ich eine Vorbereitung der Tour. Haben sich die denn irgendetwas angeschaut? Zumindest sind sie mit brauchbarer Geschwindigkeit unterwegs.

Unter dem Bachinger Bründl treffe ich sogar noch ein junges Paar, das den Haidsteig gehen will. Gut, die sehen fit aus. Es ist halt schon 16:45. Mir soll’s recht sein.

Völlig geschafft setze ich mich ins Auto. Am Rückweg bringe ich noch etwas ins Möbelhaus zurück und gable danach zwei Autostopperinnen in der Nähe des Brunner Astes auf. Sie wollen nach Linz. Also, das halte ich für hoffnungslos. Vielleicht kann ich sie an eine chancenreichere Stelle bringen. Sie packen ihre Rucksäcke ins Auto. Da hängen ja Kletterhelme dran. Ja, Klettersteige sind ihre Leidenschaft. Sie sind am Weg nach Mondsee und wollen die Drachenwand und den Intersport Klettersteig gehen. Ah ja, super! Wo sie denn übernachten werden? Ach, sie haben gelesen, dass man am Mondsee auf einer Wiese schlafen kann. Dann wacht man schon mit Blick auf die Drachenwand auf. Ich staune und setze die beiden 21-jährigen Studentinnen in ihren kurzen Hosen bei Dämmerung letztlich in der Westausfahrt ab. Ob das schlau war? Ich hoffe so. Wie weit bin ich nur von diesem Alter weg. Fast ein bisserl beängstigend. Egal, mögen sie schöne Tage in den Bergen haben!

Die Tour auf garmin.com