Alpin-Ski: Obertauern

Lange hat man sich über meine kurzen Slalom-Skier lustig gemacht. Da hat auch nicht geholfen, dass Berater und Internet sagen, dass die Skier die richtige Länge haben. Testen soll ich! Beraten lassen soll ich mich! Alles nichts für mich.

Testen bedeutet für mich Rumstehen im Sportgeschäft. Ski aussuchen, Schuhe ausziehen, Bindung einstellen, testen. Danach wieder zurück und die Schleife von neuem mit anderen Skiern. Nein, bei Schönwetter will ich im Freien sein und bei Schlechtwetter nicht testen. Na ja, und ein Beratungsskeptiker bin ich auch. Zu viel habe ich selbst verkauft, als dass ich mir Honig ums Maul schmieren ließe, was ich doch für ein kraftvoller Typ bin, der sicherlich aus jedem Turn das extra Quantum Power holen will. Kurz, für den der teuerste Ski – pardon, der Ski mit der höchsten Provision – gerade richtig ist.

Egal, ich suche mir am Internet einen Atomic Vantage 90 TI aus. Lydia, Gernot und Sabine meinen, dass das so ja auch nicht geht. Der hat einen zu großen Radius, ist zu lang, zu grün, zu.. überhaupt. Wer viel fragt, geht viel irr. Und so macht Gottfried auf stur, bestellt den Ski in der längsten verfügbaren Länge und damit Ende.

Als die Skier dann kommen, machen sie schon mal einen tollen Eindruck. Die Z-Zahl der Bindung stelle ich selbst ein – ein weiteres No-Go unter Experten. Aber ich habe da so mein Zweifel, was das Komplexe an der Spannkraft einer Feder sein soll. Auch Olaf aus Osnabrück versichert in seinem Ski-Blog, dass das alles idiotensicher ist. Jetzt braucht der Ski nur Auslauf.

Wir planen den Donnerstag, den 7. Jänner. Sabine vereinbart mit ihrem Bruder und seiner Partnerin ein Treffen in Obertauern. Ich bin gespannt, wie das werden wird. Ich habe schon einmal längere Ski probiert und zu Mittag wieder entnervt zurückgegeben. Die rote Rennmaschine von Marcel Hirscher hatte mich zu meinen alten Slalom-Skiern überhaupt keinen Unterschied spüren lassen.

Wir starten schon um sechs. Der morgendliche Check des Wetterberichts liefert eine Enttäuschung. Nur noch eine Sonnenstunde wird prognostiziert. Egal, es ist alles ausgemacht. Los geht’s. Jausenbrote, Tee und Kaffee kommen ins Auto, Nicht, dass wir wieder Studentenverhalten angenommen hätten, aber Covid-19! Vergesst mir Covid-19 nicht! Plötzlich verspricht auch die Standheizung ungeplante Vorteile.

Ein weiterer Check des Wetterberichts auf der S6 sagt nun wieder 6 Stunden Sonne voraus. Bergfex.at ist heute etwas wankelmütig. Uns soll es recht sein. Der Himmel ist strahlend blau, das Thermometer weit im Minus.

In Obertauern ist nichts los. Die Bedingungen sind ideal. Ein bisserl gar kalt ist es. Einzig der Schnee ist sehr spärlich vorhanden. Als Kind habe ich immer den Schneebericht von Obertauern mit Sensationsfreude gelesen: „Tal: 260cm, Berg: 390 cm“. 45 Jahre später hat sich das auf ein Zehntel reduziert. Abseits der Piste schauen Steine und Grasbüschel raus. An so eine Schneelage im Jänner kann ich mich nicht erinnern und ich war schon oft in Obertauern.

Die Skier sind jedenfalls ein Volltreffer. Keine Sorge, hier folgt kein Testbericht. Mir taugen und passen sie. Das muss reichen. Trotzige Sturheit hat gesiegt. Sonst ist das eher ein verheerender Ratgeber, aber diesmal: ein kurzes Yesss! 😉

Zu Mittag hocken wir zu viert in der standbeheizten Q. Was für Zeiten! Geld hätten wir, aber der Staat drängt sich vor. Das tut er nicht nur schon seit Jahren beim Versorgen der Wirtschaft mit Geld. Jetzt pumpt er das Geld auch noch direkt in die Gastwirtschaft. Das hat bislang dazu geführt, dass ich keine Zinsen mehr fürs Herborgen meines Geldes bekomme. Jetzt haben wir „Next Level“. Das Geld ist so wertlos geworden, dass ich mir nicht einmal mehr ein Aufwärmen und ein Schnitzerl drum kaufen kann. Sachen gibt’s!

Schon am Vormittag war fast niemand auf der Piste. Jetzt am Nachmittag sind die wenigen Gäste hungrig und durchfroren heimgefahren. Wir fahren mit dem letzten Lift um 15:58 noch einmal ganz hinauf und schauen über leere Pisten in den Sonnenuntergang. Was für ein Tag!