Ganz schön lange zieht sich die Stoderzinken Alpenstraße von Gröbming zum Parkplatz der Rosemialm herauf. Wir sind an einem Montag in der Zwischensaison hier heraufgefahren. Entsprechend leer ist der große Parkplatz. Der Ausblick war schon während der Anfahrt beeindruckend.
Grödel brauchen wir keine, hätten wir eh daheim vergessen. Aber die festeren Schuhe nehmen wir statt der Zustiegschuhe. Das macht das Kraxeln ein bisserl schwieriger, aber wer weiß, vielleicht verbirgt sich in einer steileren Rinne Schnee. So viel sei vorweggenommen, der Steig ist am 28.4.25 schneefrei. Die Sonne brennt in den Südhang und auf über 1.800m herrscht T-Shirt-Wetter.
Der Zustieg führt erst kurz bergauf, ehe es runter geht. Kurz ist der Zustieg. Auch in aller Gemütlichkeit brauchen wir nicht mehr als 35 Minuten. Nach einem kurzen, einfachen Geröllfeld wartet der Einstieg. Sogar ein schattiges Platzerl gibt es fürs Anlegen von Helm und Klettersteigset.
Der Einstieg ist ein B/C. Erstaunlich, was sich zwischen den Latschen hier findet. Der Fels ist warm und super griffig. Alles sieht nach komfortabel aus und trotzdem geht es gleich merklich los. Renate schnauft – was ist denn da heute los?
Weiter geht es einerseits harmlos zwischen den Latschen und anderseits spektakulär unter einem Überhang dahin. Da hat sich jemand bei der Routenwahl Mühe gegeben. Die Klammernwand ist dann erstmals spannend. Es geht da wirklich senkrecht in die Höhe. Aber die in die Wand geschlagenen Bügel sind beachtlich. Da steht es sich wie auf einer Leiter beim Apfel pflücken. Mit Übung kann man das alles mit wenig Armkraft und nur „aus den Beinen“ gehen. Mit weniger Übung schnauft man da schon ganz schön. Nach ein paar einfacheren Stellen geht es dann in C/D weiter. Wieder Senkrechte, große Bügel und Armbelastung je nach Übung. Fels, Ausblick und Landschaft sind überaus edel. Fein für den, der es genießen kann.
Nach diesen Herausforderungen haben wir ein bisserl die Orientierung verloren. Wir meinen, dass der Ausstieg bald erreicht sein müsste. Aber der Höhenmesser meint, dass wir gerade mal die Hälfte haben. Juchhu, nochmal so viel Freude. Oder, Mist nochmal so viel – das kommt ganz auf die Situation an, in der man sich befindet. Renates Zustand hat sich deutlich verbessert, Garmin gibt ihr zur Sicherheit trotzdem schon mal 4,8 für die aerobe Leistung. Ob sie den Fünfer noch schafft?
Da wir dem Höhenmesser nach den nächsten Latschen beim Blick auf die Höhlenwand Recht geben müssen und wir tatsächlich eher in der Mitte sind, erledigt sich auch das Thema mit dem Fünfer rasch. Renate kämpft tapfer.
Wieder Latschen und dann der Blick auf den Plattenpfeiler! Wau, der sieht auch cool aus. Wieder ist die Wand mit ausreichend Stahl versehen. Die Schwierigkeit ist meines Erachtens somit mit C bzw. B/C richtig angegeben. Das ist auch irgendwie cool, da man bei mittlerer, technischer Schwierigkeit viel Luft unter Sohlen und Hintern bekommt.
Nach diesem Pfeiler rückt das Ende spürbar näher. Die eine oder andere Felsstufe wird noch gekraxelt, ehe der Steig sein Ende findet. Ein paar Minuten und wir stehen beim Gipfelkreuz des Stoderzinkens! Renate hat sich schnell wieder aufgeladen. Fröhlich über den Erfolg wird gescherzt und gelacht.
Runter geht es dann übers Friedenskircherl überraschend kurz zum Parkplatz zurück. Unsere Iduna lädt sich die steile Mautstraße runter fast so schnell auf wie Renate. Wir fahren zurück ins Schlosshotel Pichlarn, wo wir den Nachmittag vertrödeln. Tadellos!
Zusammengefasst: Der Hilde Klettersteig ist ein ganz toll gemachter Steig. Bei mittlerer Schwierigkeit kann man Pfeiler und Wände erleben, die ohne die fetten Stahlhilfen für die Allermeisten unerreichbar sind. Für Anfänger und Kinder ist das aber trotzdem alles nichts. Wer wenig Erfahrung hat, wird die Arme spüren. Wer noch nicht fertig ausgewachsen ist, wird mangels nötiger Arm- und Beinlänge ordentlich gefordert. Das kann man mit Erfahrung leicht kompensieren. Aber Kindern fehlt eben oft beides. Und dann ist da noch die Höhe. Die Ausgesetztheit sollte einem nichts ausmachen. Sonst, so kann ich mir das vorstellen, wird es einem hie und da ein bisserl mulmig werden.
Für uns war es ein superedler Tag. Ende April im T-Shirt hatten wir eine Genusskraxelei der Sonderklasse. Bei diesen Bedingungen ist der Steig eine klare Empfehlung.

















