22. Skitour: Losenheim – Fischerhütte (2.049m)

Details der Tour via Garmin
Lawinenlagebericht

Schon vor dreiviertelsieben sitze ich im Auto. Der Wetterbericht verspricht erst ab Mittag schönes Wetter, aber ich will früh daheim sein. Am Parkplatz in Losenheim stelle ich fest, dass ich meine Primaloft-Jacke nicht dabei habe. Muss gehen, ich kann ja wieder umdrehen, wenn es zu kalt wird. Starker Wind ist zu erwarten, aber dafür bin ich gut ausgestattet. Zu meiner Überraschung liegt viel Schnee, sogar Neuschnee ist dabei. Bis zur Kempelhütte passiert wenig Erwähnenswertes. Zwei Tourengeher haben vor mir gespurt, aber der Wind weht schnell wieder zu. Der Wald ist noch immer ein Wintermärchen.

Ab der Hütte verschlechtern sich die Bedingungen zusehends. Der Wind nimmt zu und verfrachtet wie blöde den Neuschnee und die Sicht nimmt ab. Erst vor ein paar Wochen bin ich mit Gernot hier rauf und so habe ich die Spur durch den Wurzengraben recht gut in Erinnerung. Den Tourengeher sehe ich auch vor mir, wenn die Wolken kurz aufreißen. Wenn der Nebel wieder da ist, sehe ich nichts. Spuren können sich im mittlerweile stürmischen Wind auch nicht halten. Ich steige weiter, denn irgendwann müssen die Markierungsstecken, die zur Hütte führen, auftauchen. Aber noch geht es in dem White-out bergauf. Was für eine Freude, als ich die ersten beiden Stecken rechts von mir sehe. Damit ist auch das Steile vorbei. Der Wind schiebt mich fast bergauf und nach ein paar hundert Meter ist auch die Hütte da. Der Wind hat mittlerweile Sturmstärke. Beim Abschnallen habe ich Sorge, dass er meine Skier davontragt. Selbst beim Eintreten in den Winterraum bläst mich der Wind noch einmal von der Tür weg!

Drinnen treffe ich den zweiten Tourengeher, auch er ist vom Wetter beeindruckt. An der Wand hängt eine rote Fleecejacke. Ich bin versucht und überlege, wie ich sie nach der Abfahrt wieder zurückgeben könnte. Verwendung hätte ich jedenfalls und ihr Vergessenwordensein hätte einen Sinn. Aber ich lasse es mal sein. Der Kollege will offensichtlich gemeinsam abfahren und das ist durchaus sinnvoll. Meine Idee, noch zum Klosterwappen zu gehen und dann durch den Schneegraben abzufahren, habe ich schon längst aufgegeben. Die gemeinsame Abfahrt durch den Wurzengraben ist da unendlich vernünftiger.

Wir brechen auf und wollen abfahren, aber der Sturm wirft sich dagegen. Bergab müssen wir uns ins Steilere schieben. Der Wind meint, dass wir noch bleiben sollen. Aber ich hab keine Lust, denn so toll die Ausrüstung ist, einladend ist es hier nicht. Wir rutschen in den Wurzengraben. Ich kann nicht mal sagen, wie weit man sieht, denn es ist alles weiß. Der fliegende Schnee verwirrt zusätzlich. Steh‘ ich , fahre ich oder fliege ich schon? Geht es da bergab? Steil? Oder doch bergauf? Triebschnee oder Eisplatte? Alles weiß. Und da passiert, was in einem White-out nicht ungewöhnlich ist: mein Kurzzeitpartner stürzt neben mir, obwohl er fast steht. Er lacht, hat keine Erklärung. Ein paar Meter weiter passiert mir dasselbe. Ich war der Meinung, dass ich stehe, rutsche aber offensichtlich langsam und zack liege ich schon da. Manche Menschen entwickeln bei diesen Bedingungen gar eine Skikrankheit. Dafür haben wir aber jetzt keine Zeit. Wir fahren weiter ab und die Sicht bessert sich rasch.

Viele Tourengeher kommen uns entgegen. Hier herunten ist es fast windstill, aber beim Blick in die Nebelsuppe ober ihnen, haben die, die den Schneeberg kennen, schon eine Vorahnung auf nichts allzu Gutes. Wird schon! Ich bin bald beim Auto und damit für heute schon zu mittag fertig.