Rom


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Vor sechs Uhr starten wir an diesem Dienstag Richtung Flughafen. Und siehe da, es sind auch schon andere Menschen munter. Am Flughafen erfreue ich andere (Viel-)Flieger damit, dass mein am Vorabend gekauftes Ticket nicht reicht, um in das vorgesehene Parkhaus eingelassen zu werden. So schiebe ich und eine ganze Schlange hinter mir im Retourgang wieder aus der Garageneinfahrt. Ich meine, viele wenig wohlwollende Wünsche für unsere Reise zu vernehmen. Verständnis und fehlendes Unrechtsverständnis bei mir vermengen sich in mir. So kann es losgehen.

In Rom am Flughafen wartet schon ein Marinegeneral ganz in Weiß – aber leider halt nicht auf uns. Die schneeweiße Uniform ist um diese Uhrzeit schön anzusehen. Wer jetzt vermutet, dass ich mich mit dem ersten italienischen Espresso noch am Flughafen angepatzt habe, irrt. Alles läuft gut.

Auch das gebuchte Hotel Monastero dei Santi ist ein Volltreffer. Fünf oder sieben Zimmer – da sind sich das Internet und Giovanni vom Empfang nicht so einig. Klein ist das Hotel, dafür sind die Zimmer bzw. Suiten richtig groß. Wir brauchen mal ein Frühstück. Wir sind verwirrt, da Giovanni uns die Speisekarte per WhatsApp reicht und meint, dass er erst das Check-In abschließt und danach das Frühstück zubereitet. Oha, muss man all das verstehen, wenn man schon so früh auf ist?

Zu Mittag geht es dann den Hügel im Laufschritt hinunter in die Stadt. Der Sommer hat uns fest im Griff und ich bin in langen Hosen leicht angreifbar. Macht nichts, denn die Online-Buchung für eine geführte Tour durch die Sixtinische Kapelle et al. spart uns stundenlanges Warten vor der Kassa. Wir sind eine „Kleingruppe“ mit 25 TeilnehmerInnen. Die italienische Führerin spricht in ein kleines Radiogerät, und das brav folgende Rudel hört über einen Lautsprecher am Ohr zu. Ich leider nur in einer slawischen Sprache. Mein Empfänger wird getauscht, aber was ich jetzt höre, ist auch nicht viel verständlicher. Die gute Frau spricht mit italienischer Sprechgeschwindigkeit Deutsch und verwechselt ständig links und rechts. So versuche ich, einem Redeschwall zu folgen, der in etwa ist wie: „Dann kommene Sie’e zu die große Halle. Dort müssene Sie’e rechtse gehen. Wenn Sie’e linkse gehen, dann sind Sie’e wieder draußen und müssene sich’e wieder die ganze Schlange anstellen. Ah, rechtse meine ich, nicht linkse. Ha ha, alles klaro?“. Ich folge, wenige Minuten den Ausführungen, ehe ich mich auf die Suche nach dem Flecken in der Halle mache, wo das Verhältnis aus Zugluft und Raumtemperatur am erträglichsten ist. In der Ferne sehe und an einem Ohr höre ich, wie die Schnellsprecherin zweihundertachtundsiebzig Skulpturen erklärt und gar eine Wandteppichausstellung androht. Oha, ich hoffe auf die 50%-Chance, sodass ich vorzeitig rausfliege.

So durchstreifen wir das Museum, bestaunen die Sixtinische Kapelle, lesen enttäuscht, dass der Papst seine Audienz in dieser Woche am Petersplatz absagen muss (ist wohl irrtümlich links abgebogen) und erfreuen uns letztlich am beeindruckenden Petersdom. Wow, das nenne ich ein Bauwerk! Okay, katholische Demut und Bescheidenheit spiegelt es nicht wieder. Aber gerade deswegen ist es vielleicht überwältigend.

Wir retten uns ins Arlú. Wunderbares Essen, freundliche Bedienung – Ciao Italia! Okay, wir sollten den Flüssigkeitsbedarf nicht mit Prosecco decken. Ach was, nachher weiß man es besser. Aber da schaukelt uns schon das Taxi ins Kloster. Tag 1 ist damit ein voller Erfolg.

Tag 2 beginnt mit einem italienischen Frühstück auf unserer Terrasse. Der Blick über Rom ist ein Hammer, die vier Stück Kuchen bleiben mir. Denn das kontinentale Frühstück am Vortrag hat die Erwartungen von Renate nicht erfüllen können und so brechen wir zum Eataly auf. Das ist ein riesiges Kaufhaus für Feinkost. Drinnen sind auch ein paar Restaurants, aber keines hat vor zwölf Uhr offen. So hetzt Renate mit leerem Bauch und dem feinen Duft von Prosciutto und Parmigiano in der Nase durch die Gänge. Die Geschwindigkeit nimmt bedrohlich zu, ein Plan muss her. Renate kauft jetzt hier Zutaten fürs Frühstück und wird sie irgendwo verdrücken. Nur so leicht ist das nicht. Man muss ja erst am Ausgang zahlen. Und ob dann ein Verzehr im freien zwischen geparkten Autos so fein ist? Mit vier Stück Kuchen im Bauch kann man leicht Zweifel haben. Und da höre ich schon: „Ich habe jetzt echt Hunger und wenn ich in zehn Minuten nichts im Magen habe, geht das ganz schlecht aus! Für alle hier!“. Die Leute hier, die friedlich Fisch schlichten oder ihre Schinkenschneider verträumt putzen, sind plötzlich so alarmiert, als hätte Mio gehört, dass ich mit den Ohrentropfen anrücke. Wir bestellen also feinste Ware und Renate kürzt ab. Ein Restaurant ihrer Wahl wird auserkoren. Aber weit gefehlt, das Restaurant darf diesmal nur den Platz aber keine Speis und keinen Trank verkaufen. Stattdessen sitzt Renate da und verzwickt breit grinsend ihren selbst mitgebrachten, aber noch nicht bezahlten Schinken. Käse, Brot und Wasser passen wunderbar. Der Kellner rückt immer wieder an, mir krampft es den Magen zusammen, aber der gute Mann rückt jedes Mal ohne Wortmeldung wieder ab. Die Erfahrungen vieler Generationen müssen ihn gelehrt habe, dass er jetzt besser keinen Mucks macht. Ein „Buon appetito!“ wäre schon gewagt. Wir zahlen die leeren Verpackungen an der Kassa und fragen nach einem Espresso. Ja, da hinten gibt es wirklich in geordneter Manier Speisen und Getränke. Aber das kann ja jeder und so komme auch ich zu meinen Leckereien.

Weiter geht es mit Kolosseum, Forum Romanum und so weiter. Heiß ist es und ich der einzige Dodl in langer Hose. Renates Bekleidungsvorschriften sind ebenso strikt wie missverstanden. Was soll’s? Ich werde es überleben.

Am Abend folgen noch nach Rast im Kloster ein hervorragendes Essen im Restaurant Tadi und ein Konzert von Ludovico Einaudi. Da schau‘ her, wozu ich in der Lage bin. Auf einer Sitzfläche, die mich an Jasmins und Carinas Kindergartenzeit erinnert, lausche ich den repetitiven Klavierklängen, die irgendwo zwischen Etüden und klassischer Trancemusik anzusiedeln sind.

Zwei Stunden und zwei Zugaben später hat sich die Nacht über Rom gelegt. Heim sollte es gehen. Nur, Rom hat viel zu wenig Taxi und so wird der Heimweg nochmals spannend. Uber rettet uns. Noch eine Überraschung!

Tag 3 beginnt wieder mit Frühstück und Blick über Rom. 35 Grad und knapp über 100% Luftfeuchtigkeit sind angesagt. Da freut man sich schon auf die Spanische Treppe. Ist das nicht auch ein Folterinstrument? Wenn es ernst wird, stürze ich mich eben in den Trevi-Brunnen. Wird schon gehen. Die Antica Enoteca hat eine Klimaanlage und wieder feines Essen. Allmählich habe ich Zweifel, dass wir so gut sind im Auswählen. Was, wenn in Rom das Essen überall gut ist?

Irgendjemand hat mir Chili ins Essen gerührt, die Wirkung lässt nicht lange auf sich warten. In Frankreich startet man einen weiteren Atomreaktor, um die Kühlung hier zu pushen. Nix hilft, Renate reicht’s. Warum ich denn nicht eine kurze Hose anziehe? Fassungslosigkeit und Hoffnung kämpfen in mir. Aber ich dachte doch, dass du… Papperlapapp, wir kaufen jetzt eine kurze Hose für dich. Kurz zweifle ich noch an der Ernsthaftigkeit und vermute gar eine Falle. Letztlich komme ich mit drei kurzen Hosen aus dem Geschäft, und das in Farben, die eher an Eissorten erinnern. Mir soll es recht sein. Da fällt es sogar leicht, dass wir im Feinkostladen am Trevi Brunnen nur ein bisserl viel mehr als überhaupt möglich für den Prosciutto und ähnliches zahlen.

Am Tag 4, und damit letzten Tag, geht es dann nach der Frühstücksroutine ans Meer in den Beach Club Shilling in Ostia. Das Meer ist vertraut, vieles andere fremd. Also, wenn wir an den Strand wollen, kostet das 15 Euro pro Person. Für den Sonnenschirm kommen 100 Euro dazu. Ja, was denn? Wie soll ich denn einen Sonnenschirm ins Handgepäck bekommen. Wir wollen außerdem nur ins Restaurant und am Strand spazieren. Ah, das kostet nichts. Als, wir dann unsere Schuhe abstellen wollen, sind wir dann beim Kollegen wieder bei den Kästchen um 15 Euro.

Egal, wir haben einen wunderbaren Tag am Meer mit zwei Strandspaziergängen und einem feinen Essen dazwischen. Meeresfrüchte, Pasta,.. all das über den Nachmittag verteilt, begleitet von angenehm belebend einschläferndem Wein. Dolce far niente – oder so ähnlich! Wie könnte man sich besser auf den Heimflug vorbereiten.

Ach Roma, wir mögen dich!